Künstliche Intelligenz braucht souveräne Infrastruktur

Entscheidungsträger*innen, Wirtschaft-, Staats- und Regierungschef*innen kamen auf dem Event in Paris zusammen, um über die Zukunft von künstlicher Intelligenz zu sprechen. Mehrere wichtige Investitionsankündigungen und politische Zusagen machten deutlich, dass ethische, nachhaltige und souveräne KI-Technologien strategische Prioritäten für Deutschland und Europa sind. Um erfolgreich im KI-Bereich zu sein und gemeinsame Werte zu wahren, ist die Bereitschaft gestiegen, in die notwendigen Ressourcen zu investieren. Im Hinblick auf die digitale Souveränität fehlte in vielen Gesprächen jedoch ein entscheidender Faktor: die strategisch wichtige Open-Source-Software-Infrastruktur, die KI-Fortschritt überhaupt erst ermöglicht.

Im Rahmen des Public AI Congress war die Sovereign Tech Agency zusammen mit vielen Expert*innen aus Europa auf einer Podiumsdiskussion, wo sie die Wichtigkeit der offenen digitalen Infrastruktur für die Entwicklung von souveräner KI betonte. Während sich ein Großteil des Gipfels auf KI-Anwendungen konzentrierte, brachten wir damit eine dringend benötigte Perspektive ein. Denn nur offene Infrastruktur ermöglicht Wettbewerb in der Entwicklung und echte Innovation in der KI. Ohne ein starkes, belastbares, digitales Fundament, das die KI-Entwicklung zugänglich und offen hält, läuft Europa Gefahr, von einigen wenigen mächtigen Akteuren dominiert zu werden, die die Regeln für KI-Zugang und Innovation diktieren können.

Die heute führenden KI-Technologien stützen sich auf ein umfassendes Open-Source-Ökosystem aus Programmiersprachen, Frameworks und Bibliotheken. Die Bedeutung und der Wert von Offenheit und die Ermöglichung von Wettbewerb spiegeln sich in der KI-Strategie der Europäischen Kommission zur Unterstützung von Startups und KMU wider. Angefangen bei den Investitionen in „KI-Fabriken“, die als offene Ökosysteme hervorgehoben werden, über die Open-Data-Richtlinie bis hin zur Initiative „GenAI4EU“, die darauf abzielt, große offene Innovationsökosysteme zu schaffen.

Doch trotz all dieser hohen Investitionen in die Entstehung offener KI-Ökosysteme fließen diese Investitionen nur selten in offene digitale Infrastrukturen. Dadurch bleibt ein Großteil der Open-Source-Software, die für die Umsetzung dieser Pläne entscheidend ist, stark unterfinanziert – und die Risse werden langsam sichtbar. Von Sicherheitsvorfällen wie xz-utils bis hin zu Projekten, die zu restriktiveren Lizenzen wechseln, wird klar, dass diese Infrastruktur in Gefahr ist.

Wenn der Zugang zu diesen wichtigen Technologien aufgrund geringer Investitionen eingeschränkt ist, wird Europas Fähigkeit, innovativ zu sein, zu konkurrieren und ethische und nachhaltige Standards in der KI zu setzen, stark beeinträchtigt. Eine schwache Open-Source-Infrastruktur bedeutet, dass nur Unternehmen mit großen Sicherheitsteams und Entwickler*innen-Ressourcen in vollem Umfang von diesen Bibliotheken profitieren können. Die fehlenden Investitionen in diese strategischen Ressourcen haben es einigen mächtigen Akteuren ermöglicht, eine dominante Rolle in der Gestaltung unserer offenen digitalen Infrastruktur zu spielen. Diese unverhältnismäßige Kontrolle ermöglicht es ihnen, das Open-Source-Ökosystem so zu gestalten, dass es ihren eigenen Bedürfnissen entspricht, und geht sogar so weit, dass sie potenzielle Konkurrenz ausschließen und Innovation erschweren.

An dieser Stelle leistet die Sovereign Tech Agency einen zentralen Beitrag. Angesichts der Tatsache, dass KI-Entwicklung nur so stark ist wie die digitale Infrastruktur, auf die sie sich stützt, haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die grundlegenden Technologien zu stärken, die KI zugänglich, widerstandsfähig und demokratisch machen. 70-90 % aller Software basiert auf Open Source, und KI ist da keine Ausnahme – egal ob offen oder proprietär.

Die Auswirkungen des KI-Fortschritts auf wichtige Programmiersprachen und Bibliotheken sind bereits sichtbar. Python ist derzeit die beliebteste Programmiersprache, vor allem wegen ihrer zentralen Rolle in Data Science und maschinellem Lernen – sie wird inzwischen doppelt so häufig genutzt wie die nächstplatzierte Sprache in der Liste. Wir haben Arbeiten in Auftrag gegeben, die wichtige Sicherheits- und Stabilitätsverbesserungen für Python und PyPI (das Paketsystem von Python) enthielten, sodass Entwickler*innen zuverlässigen Zugang zu den Bibliotheken haben, die sie für die Entwicklung von KI-Anwendungen benötigen.

Ebenso wichtig für KI-Innovationen ist die leistungsfähige Datenverarbeitung. Deshalb haben wir in High-Performance-Computing-Bibliotheken und Sprachen wie OpenBLAS und Fortran investiert. Diese Werkzeuge sind notwendig, um große Datenmengen zu verarbeiten und komplexe Berechnungen effizient durchzuführen. Außerdem können Entwickler*innen mit grundlegenden Frameworks wie FFmpeg große Mengen an Video- und Audiodaten analysieren und verarbeiten, um KI-Anwendungen in den Bereichen Medien, Sicherheit und Barrierefreiheit zu entwickeln. Ohne diese robusten Tools wäre die Einstiegshürde für KI-Innovationen unerschwinglich hoch.

Die Sovereign Tech Agency hat sich der Sicherung dieser grundlegenden Infrastruktur zum Ziel gesetzt. Durch strategische Investitionen in die Open-Source-Technologien, die KI zugrunde liegen, stellen wir sicher, dass wir über die nötigen Instrumente verfügen, um KI selbstbestimmt zu entwickeln, zu steuern und zu nutzen.

Bei technologischer Souveränität geht es nicht darum, den neuesten KI-Fortschritten hinterherzulaufen - es geht darum, eine solide Grundlage zu schaffen, damit Investitionen einen langfristigen wirtschaftlichen Fortschritt vorantreiben können, der mit Europas Prioritäten übereinstimmt. Der AI Action Summit hat deutlich gemacht, dass die Herausforderungen heute noch größer sind als zuvor – aber auch die Handlungsbereitschaft.

Lasst uns jetzt die digitale Infrastruktur vorausschauend mitgestalten, damit Europas Innovationskraft nicht nur Schritt halten, sondern den Weg weisen kann.